Angst vor'm Sterben
Ist die schlimmste Angst, die man haben kann, die Angst vorm Sterben?
Ich habe mir schon früh Gedanken über mein späteres Ableben gemacht...
Genauer gesagt mit sieben.
Es war ein lauer Frühlingsnachmittag, die Sonne schien durch den wolkenverhangenen Himmel und ließ den letzten Schnee schmelzen, sowie die Schneeglöckchen sichtbar werden.
Ich lief über unsere morsche, rote Wippe hin und her,
hoch und runter.
Mein Vater war am Hecke schneiden, ich konnte ihn immer nur kurz sehen, immer dann, wenn die Wippe oben war, erhaschte ich einen Blick auf ihn.
Bei diesem stetigen Auf und Ab kam mir plötzlich eine Frage, eine Frage, die mir seit Uromas Tod nicht mehr aus dem Kopf ging.
„Papa?“
„Ja, Süße?“
„Wie ist das mit dem 'sterben'? Bin ich dann einfach 'weg'? Nicht mehr da oder komme ich in den Himmel? Und wenn ich in den Himmel komme, was mache ich da? Kann ich euch sehen? Ist das so wie auf Erden, bloß ohne Krieg, Angst und Hass? Bloß mit dem Unterschied, dass man nicht (mehr) sterben kann?
Werden wir uns dann im Himmel begegnen, wenn ich auch sterbe?
Aber...was ist, wenn ich in die Hölle komme?“, neugierig sah ich meinen Vater an.
„Hör auf dir darüber Gedanken zu machen...Du bist noch jung, mit ende Dreißig kannst du dich mit so was beschäftigen...“
„Aber ich will das JETZT wissen!“, unterbrach ich ihn.
„Der Tod und das sterben betrifft doch auch mich... Mama sagt immer, die schlimmste Angst, die man haben kann, ist die Angst vor'm sterben...
Wie soll ich keine Angst vor ihm haben, wenn ich nichts über ihn weiß, wenn ich ihn doch gar nicht kenne?“
„Spiel weiter, ich muss die Hecke schneiden.“
©Alina Jacobs